“Wie gerne möchten wir Veränderungen in unserem Leben vornehmen, trauen uns aber nicht. Die Fastenzeit bietet die Möglichkeit, sich selbst zwischen Abhängigkeit und Freiheit neu zu orientieren.” – So beginnt die Einleitung ins Thema im aktuellen Gemeindebrief der Versmolder Kirchengemeinde.
Die Gemeinde nutzt das Heft, um über Neuerungen im Kirchenleben zu informieren, neue Mitarbeiter vorzustellen und aktuelle Themen aufzugreifen. Aber ein Großteil des vierteljährlich erscheinenden Heftes widmet sich einem Schwerpunkt-Thema. Dieses Mal eben dem Fasten.
Pfarrerin Christiane Becker hält auf einer der ersten Seite eine kleine, schriftliche Andacht zum Thema. “Wir sollen nicht bei unsereen Nahrungsmitteln oder Gewohnheiten aufräumen, sondern zuerst unser Verhältnis zu unseren Mitmenschen in Ordnung bringen”, fordert sie. Ob das ein frommer Wunsch ist? Ich denke über diesen Satz nach…
In der letzten Zeit habe ich viele Beziehungen stark in Mitleidenschaft gezogen und teils über ihre Maßen strapaziert. Einiges ist zu Bruch gegangen, was ich nicht so einfach wieder in Ordnung bringen kann. Das tut mir sehr leid. Das Fasten hat mir bisher zumindest geholfen, das zu erkennen. Aber ob ich die aktuellen Brüche heilen kann oder alte Wunden reparieren? Das weiß ich nicht…
Eine Seite weiter fordert Susanne Absolon “Sieben Wochen mit!” Was sie meint? Sie berichtet aus ihrer Erfahrung mit Jugendlichen: “Wenn ich mit Jugendlichen über den Sinn des Fastens ins Gespräch komme, habe ich den Eindruck, dass sie es eher als Unsinn empfinden. (…) Mittlerweile überlege ich mit Jugendlichen nicht in erster Linie, worauf sie verzichten könnten in der Fastenzeit, sondern andersherum: was kann ich aktiv tun, um diese Zeit anders/bewusster zu gestalten? Sieben Wochen mit Spülmaschineausräumen kommt dann als Vorschlag, oder sieben Wochen mit dem Hund rausgehen, besonders aufmerksam der Oma gegenüber sein, geduldig mit dem kleinen Bruder umgehen, Zimmer aufräumen… Und tatsächlich machen die Konfis dabei die Erfahrung, dass sich etwas verändert: bei ihnen selbst, dass sie merken, mit der Haltung kann ich nach Beendigung der Fastenzeit durchaus weitermachen.”
Absolon und Becker fordern im Grunde genommen Ähnliches: die persönlichen Beziehungen während des Fastens neu gestalten und entdecken. Während ich diese Zeilen schreibe, komme ich ins Grübeln. Habe ich den Sinn des Fastens wirklich verstanden? Arbeite ich richtig an mir? An den richtigen Stellen?
Maike Nimz schreibt über die Gesichter des Fastens. Sie sieht “sieben Wochen als Chance, einen anderen Weg auszuprobieren.” Ich frage mich noch einmal, ob mein Weg der richtige ist. An welcher Schraube muss ich arbeiten? Welche Beziehungen haben gelitten? Wo gibt es noch etwas zu retten? Oder muss ich mich komplett neu orientieren?
Der Gemeindebrief bietet einige Ansatzpunkte zum Fasten, wie es praktisch gehen kann, wo man in der Bibel nachlesen kann. Bei alledem bin ich schon einen Schritt weiter, da ich zumindest meinen praktischen Weg gefunden habe.
Zugegeben, eigentlich sollte dieser Artikel nur eine Zusammenfassung einer interessanten Lektüre-Möglichkeit sein, die mir sehr am Herzen liegt. Was daraus geworden ist? Viel, viel mehr. Ein weiterer Denkanstoß …